Ein klares Nein darf auch mal sein!
Das häufigst genannte Gefühl in unserer Umfrage zum Thema „Auftretende Gefühle im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen“ war Mitgefühl. Die hohe Fähigkeit zur Empathie ermöglicht es den Mitarbeitenden oft, eine enge emotionale Bindung zu den unterstützten Personen aufzubauen. Diese Bindung kann es jedoch erschweren, Nein zu sagen oder persönliche Grenzen zu setzen, da das Wohlbefinden der Klientel im Vordergrund steht (Sozialagentur Konkret, 2024).
Im Alter von etwa drei Jahren entwickeln Kinder oft die Fähigkeit, das Wort Nein! auszusprechen. Eltern können darauf mit Enttäuschung, Wut, Traurigkeit oder Aggressivität reagieren, was zu tief verwurzelten Gefühlen und Überzeugungen führen kann. Auch diese frühen Erfahrungen könnten dazu beitragen, dass im Erwachsenenalter das Neinsagen schwerfällt (Cerutti, o. J.).
Wer Nein sagt, übernimmt Verantwortung für das Miteinander und sorgt sofort für Klarheit.
Franca Cerutti, Psychotherapeutin
Ein Nein erspart allen Beteiligten unschöne Situationen
und Enttäuschungen.
Klar und respektvoll Nein zu sagen, ist nicht nur wichtig für das eigene Wohlbefinden, sondern auch ein Zeichen von Respekt anderen gegenüber. Unklare Signale oder halbherzige Zusagen können nicht nur eigene Zeit und Energie verschwenden, sondern auch die Ressourcen derjenigen schmälern, die auf Unterstützung oder Verlässlichkeit hoffen. Ein deutliches Nein ermöglicht, realistische Erwartungen zu setzen und Enttäuschungen zu vermeiden, indem man klare Grenzen und Verlässlichkeit demonstriert (ebd.).
Hier sind 10 Tipps, um erfolgreich Nein zu sagen und sich selbst zu stärken:

- Reflektiere deine Handlungen: Stoppe vorauseilenden Gehorsam, indem du erkennst, wessen Erwartungen du erfüllst.
- Hinterfrage deine Motive: Sei ehrlich zu dir selbst und prüfe, ob deine Handlungen darauf abzielen, gemocht zu werden, eine wichtige Rolle zu spielen oder anderen unangenehme Gefühle zu ersparen.
- Betrachte es aus der Perspektive des Gegenübers: Überlege, wie du selbst auf ein Nein reagierst und ob du möglicherweise die Reaktionen zeigst, die du eigentlich vermeiden möchtest. Zeige Akzeptanz und Respekt für andere und setze ein positives Beispiel.
- Bedenke die „Kosten“ eines Ja: Ein Ja kann eine emotionale Schieflage verursachen oder dich überlasten, wenn du deine Grenzen nicht deutlich machst.
- Male dir positive Zukunftsszenarien aus: Visualisiere, welche Vorteile du hast, wenn du Nein sagst.
- Körperhaltung und Ausstrahlung: Nimm eine selbstbewusste Körperhaltung ein und atme tief durch, um ein starkes inneres und äusseres Auftreten zu unterstützen.
- Übe mit kleinen Schritten: Beginne damit, öfter in kleinen Situationen Nein zu sagen, um dich daran zu gewöhnen und dein Umfeld entsprechend anzupassen.
- Verschaffe dir Zeit: Lass dich nicht überrumpeln und gewinne Zeit, indem du vorsichtig reagierst und die Situation sorgfältig überdenkst, bevor du antwortest.
- Zeige Verständnis und bleibe dennoch bei deinem Nein: Drücke Verständnis für die Situation deines Gegenübers aus und bedanke dich für das Vertrauen, bleibe aber bei deiner Entscheidung.
- Erinnere dich an erfolgreiche Neins: Denke an frühere Situationen, in denen du erfolgreich Nein gesagt hast, und erinnere dich an das Gefühl der Stärke und Freiheit, das es dir gegeben hat (ebd.).
Achtsamkeitsübung – „5-4-3-2-1“
Die „5, 4, 3, 2, 1 – Methode“ bietet eine praktische Möglichkeit, sich inmitten der täglichen Reizüberflutung abzugrenzen und sich wieder zu fokussieren. Besonders in stressigen oder emotional herausfordernden Situationen kann sie uns dabei helfen, uns zu erden und ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Durch bewusstes Wahrnehmen von Sehen, Hören und Spüren wird sie zu einer konkreten und äusserst wirkungsvollen Achtsamkeitsübung, die auch für Anfänger*innen sehr zugänglich ist. Selbst Menschen, die Schwierigkeiten mit traditionellen Entspannungsübungen haben oder diese als zu esoterisch empfinden, können von dieser Methode profitieren.
Im folgenden Video wird die Methode von Diana Huth ausführlich erklärt:
Die Macht der Worte
Affirmationen
Untersuchungen haben gezeigt, dass Worte die neuronalen Strukturen im Gehirn verändern können. Jedes Wort und jeder Satz erzeugen unmittelbar ein Bild im Gehirn, unabhängig vom persönlichen Willen (Croos-Müller, 2022, S.16). So lässt sich die Wirksamkeit von Affirmationen erklären.
Affirmationen sind positive Selbstaussagen oder Sätze, die bewusst wiederholt werden, um sie zu verinnerlichen. Das Ziel ist, negative Gedanken aufzulösen, den eigenen Selbstwert zu erkennen, Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten aufzubauen. Durch Affirmationen kann das Gehirn sozusagen „umprogrammiert“ werden, um eine neue Perspektive auf sich selbst und die eigene Umgebung einzunehmen. Man spricht dabei auch von positiven Affirmationen. Beispiele hierfür sind (Schmitt, 2022):
- Ich habe genug, ich tue genug, ich bin genug.
- Ich bin dankbar für jede Erfahrung in meinem Leben.
- Ich kann mir und anderen verzeihen.
- Ich darf schlechte Tage und Misserfolge haben.
- Ich finde immer einen Weg, die Dinge zu lösen (ebd.)
Podcast mit Affirmationen zur Abgrenzung
Dieser Podcast enthält 44 Affirmationen, welche von Kathrin Schlinkert eingesprochen werden. Die Affirmationen sollen dazu beitragen, sich innerlich von Menschen und Situationen abzugrenzen und dadurch Sicherheit und inneren Frieden zu finden. Es wird empfohlen, die Affirmationen regelmässig anzuhören und dabei auf eine aufrechte Körperhaltung zu achten, sofern man nicht liegt. Es ist auch hilfreich, die Sätze laut auszusprechen.
Schutz durch Imagination
Es gibt unterschiedliche Imaginationsübungen. Entscheidend ist, dass eine Vorstellung oder ein inneres Bild entsteht, das sich für dich natürlich und richtig anfühlt. Hier ein paar Beispiele (Ringe,2021):

Der Ball
- Stell dir vor, du stehst in einem grossen durchsichtigen Ball.
- Der Ball durchdringt den Boden und alles um dich herum, umgibt dich vollständig mit einer halbdurchlässigen Membran.
- Positive Dinge wie freundliche Bemerkungen oder Umarmungen können zu dir gelangen, während Negatives wie Aggression, Lärm oder Missgunst aussen abprallt (ebd.).
Der Schutzmantel
- Stell dir vor, du trägst einen unsichtbaren Umhang, der bis zum Boden reicht und eine Kapuze hat.
- Der Stoff kann aus Licht, buntem Patchwork, Seide oder Silbergewebe bestehen – ganz nach deinen Vorstellungen.
- Dieser mächtige Schutzmantel bewahrt dich vor allem, was dir schaden könnte, und macht dich „unsichtbar“, wenn du unbemerkt verschwinden möchtest (ebd.).
Buchempfehlung
50 Sätze, die das Leben einfacher machen

Karin Kuschik versammelt in diesem Buch 50 wahre Wunderwaffen für mehr Souveränität im Alltag – beruflich wie privat. Kleine Sätze mit grosser Wirkung, die uns aus dem Stand beruhigen, ordentlich für Verblüffung sorgen und das Leben leichter machen.
In ihrem Buch bietet sie effektive Lösungen an, die das Leben erleichtern. Dabei verwendet sie keine komplizierten Methoden, sondern prägnante Formulierungen, die leicht zu merken sind. Mit viel Einfühlungsvermögen und Scharfsinn erzählt sie Geschichten aus dem echten Leben und teilt wertvolle Sätze, die sich als äusserst hilfreich erwiesen haben. Durch diese Erzählungen bringt sie den Leser*innen die Welt der wirkungsvollen Worte näher und fördert die Entwicklung innerer Souveränität, wodurch alles mühelos und selbstverständlich erscheint.
Tipp: Für alle, die ungerne lesen oder sich die Zeit dafür nicht einrichten können, gibt es das Buch auch als Hörbuch auf diversen Plattformen, unter Anderem auch auf Spotify:
Bezugsliteratur
Cerutti, F. (o. J.). Neinsagen. https://franca-cerutti.de/psychologie-to-go-mit-franca-cerutti-spiegelbestsellerautorin-podcast-buch-blog-shop-moot/
Croos-Müller, C. (2022). Kraft: Der neue Weg zu innerer Stärke, ein Resilienztraining (5. überarb. Aufl.). Kösel.
Ringe, J. (2021). Schutz und Abgrenzung. https://dein-buntes-leben.de/2021/06/schutz-abgrenzung-uebungen-fuer-hochsensible/
Schmitt, K. (2022). Was sind Affirmationen und wie helfen sie in der Therapie? Heiligenfeld. https://www.heiligenfeld.de/blog/was-sind-affirmationen
Sozialagentur Konkret. (2024). Balanceakt in der Behindertenhilfe. https://www.sozialagentur-konkret.de/behindertenhilfe-arbeiten-zwischen-vertrauen-und-distanz