Energiemanagement bedeutet, dass bewusst und achtsam mit den körperlichen und geistigen Ressourcen umgegangen wird. Es beinhaltet die Optimierung aller Massnahmen, um eine spezifische Aufgabe mit einem möglichst geringen Energieverbrauch zu erfüllen, um eine ausgewogene Leistungsfähigkeit beizubehalten. Es beinhaltet Strategien, um effizienter zu sein und Stress besser zu bewältigen, was sowohl der Gesundheit als auch der Produktivität zugutekommt (Bendel, o. J).
Da die Umfrageergebnisse Mitgefühl als das häufigste Gefühl im Zusammenhang mit Heve identifizierte, konzentriert sich die Theorie zum Energiemanagement hauptsächlich auf Empathie. Alle Übungen auf der Webseite sollen zu einem besseren Energiemanagement sowohl im Arbeitsalltag als auch ausserhalb der Arbeit beitragen.
Viele der angebotenen Übungen beinhalten Achtsamkeitstechniken. Diese sind nicht nur laut unseren Umfrageergebnissen sehr gefragt, sondern können sich auch körperlich und psychisch positiv auf das eigene Stresserleben auswirken. Achtsamkeit stärkt die Fähigkeit, schwierige und unangenehme Erfahrungen bewusst zu erleben und überlegt darauf zu antworten, anstatt automatisch und reaktiv zu handeln (Tschögl, 2020, S. 74).

Energieräuber Empathie?
Es gilt festzuhalten, dass die folgenden drei Konzepte die Entstehung einer emotionalen Erschöpfung beschreiben, welche mitunter durch die Fähigkeit von Empathie ausgelöst werden können.
Empathie ist entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Klientel. Zu viel Empathie kann jedoch ernste Konsequenzen haben, insbesondere in der Behindertenhilfe, wo Mitgefühl und Engagement zentral sind. Ein mangelndes Verständnis für die Bedürfnisse der Klientel kann die Zusammenarbeit und eine professionelle Beziehung stark behindern oder verhindern. Oft wird versucht, mangelnde Erfolge durch verstärktes Engagement zu kompensieren, was zu einer erhöhten Belastungen und zur totalen emotionalen Erschöpfung führen kann (Gebrande, 2021, S. 19).
Vorab: In der Literatur herrscht eine erhebliche Verwirrung über die Begriffe Compassion Fatigue, sekundäre Traumatisierung und Burnout. Diese Begriffe werden häufig unklar voneinander abgegrenzt und unabhängig voneinander verwendet. Um Klarheit zu schaffen, sieht das Projektteam die Notwendigkeit, einen Beitrag zur präzisen Definition dieser Begriffe zu leisten.
Compassion Fatigue
Charles R. Figley, der den Begriff Compassion Fatigue geprägt hat, scheint selbst Schwierigkeiten zu haben, diesen genau zu definieren. Er argumentiert mehrfach dafür, dass Compassion Fatigue gleichbedeutend mit sekundärer Traumatisierung sei und bezeichnet es auch als eine Form von Burnout. Viele andere Forschende verstehen jedoch Compassion Fatigue eher als eine spezifische Variante von Burnout. Aufgrund der ähnlichen Verläufe und Auswirkungen von Compassion Fatigue und Burnout neigt das Projektteam dazu, sich nicht weiter auf den Begriff Compassion Fatigue zu konzentrieren (Lemke, 2006, S. 67, 114)
Mitleid vs. Mitgefühl
In diesem Video untersucht Biologin Jasmina Neudecker die dunklen Seiten der Empathie. Kann Empathie krank machen? Wie hängt Empathie mit Stress zusammen, und wann könnten weniger empathische Menschen einen Vorteil haben?
Jasmina spricht mit Neurowissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. Philipp Kanske über die Auswirkungen eines Übermasses an Empathie und den Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl.
Sekundäre Traumatisierung
In der Behindertenhilfe begegnen wir häufig Berichten über traumatische Erlebnisse und tiefgreifende seelische Verletzungen in der Lebensgeschichte unserer Klientel. Diese Erfahrungen hinterlassen oft nachhaltige Spuren (Gebrande, 2021, S. 19).
Das Konzept der Sekundärtraumatisierung besagt, dass professionelle Helfende durch den Kontakt mit traumatisierten Menschen und der Konfrontation mit deren Leid selbst traumatisiert werden können, obwohl sie dem Trauma nie selbst direkt ausgesetzt waren. Daraus können verschiedene Phänomene resultieren, die sich gravierend auf die Qualität der Arbeitsbeziehung auswirken können. Zynismus, Entwertung und eine abwertende Haltung gegenüber der Klientel sind negative Konsequenzen. Studien belegen, dass es dabei von Beziehungsabbrüchen bis zu körperlichen, emotionalen oder sexuellen Missbrauch von den Schutzbefohlenen kommen kann (Gebrande, 2021, S. 21).
Burnout
Die Psychologin Christina Maslach beschreibt Burnout als einen Zustand, bei dem man emotional erschöpft ist, sich von anderen Menschen distanziert und sich weniger leistungsfähig fühlt. Dies tritt besonders oft in Berufen auf, bei denen mit Menschen gearbeitet wird und betrifft somit auch die Behindertenhilfe. Heutzutage ist bekannt, dass Burnout durch ein Zusammenspiel von persönlichen und umgebungsbedingten Faktoren entsteht, die in drei Hauptgruppen von Risikofaktoren zusammengefasst werden können (Gebrande, 2021, S.20):
- Institutionelle Faktoren (Arbeitsmerkmale): Zu viele Aufgaben durch zu wenig Personal und Zeit, wenig Einfluss und Freiheit bei der Arbeit, fehlende Unterstützung und Anerkennung, schlechte Bezahlung und Arbeitsbedingungen, unzureichende Ausbildung, wenig Zusammenarbeit und fehlende Supervision.
- Individuelle Faktoren (Persönlichkeitsmerkmale): Innere Ängstlichkeit, starkes Pflichtbewusstsein, Perfektionismus, Kontrollbedürfnis und der Wunsch nach Anerkennung.
- Interpersonelle Faktoren (arbeitsbezogene Einstellungen): Fokussierung auf Probleme, fehlende positive Rückmeldungen, hohe emotionale Belastung, wenig Möglichkeiten zur Veränderung und Verbesserung, überzogene Erwartungen an den Beruf und grosses Engagement (ebd.).
Anmerkung: Das Projektteam betont, dass alle Faktoren gleichermassen berücksichtigt werden sollen. Aufgrund des Umfangs konzentriert sich das Projekt nur auf die individuellen und interpersonellen Faktoren.
Podcast zum Energiemanagement
Fühlst du dich oft im Hamsterrad gefangen und nur noch funktionierend? Dann reicht es nicht, nur dein Zeitmanagement zu verbessern. In dieser Folge von „Beziehungskosmos“ beleuchten Journalistin Sabine Meyer und Psychotherapeutin Felizitas Ambauen sieben Ebenen der Erschöpfung und Erholung: physisch, emotional, kognitiv, sensorisch, sozial, kreativ und spirituell. Erfahre, wie du erkennst, auf welcher Ebene du Erholung brauchst, und wie neurodivergente Menschen besonders gut auf ihre Energie achten können.
Bezugsliteratur
Bendel, O. (o. J.). Energiemanagement. Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/energiemanagement-53997/version-384615
Gebrande, J. (2021). Soziale Arbeit nach traumatischen Erfahrungen. Nomos.
Lemke, J. (2006). Sekundäre Traumatisierung. Asanger.
Tschögl, P. (2020). Facetten der Achtsamkeit. In F. Riffer (Hrsg.), Therapeutische Beziehungen (S. 69–78). Springer.