Hilflosigkeit

Hilflosigkeit kann als ein Gefühl definiert werden, bei welchem wir eine ungünstige oder negative Situation als aussichtslos wahrnehmen. Unter anderem fühlt man sich machtlos oder ohnmächtig und man ist entweder tatsächlich oder gefühlt unfähig, uns selbst oder anderen zu helfen (Merkle & Warnke, 2023). In solchen Situationen werden die Umstände als unkontrollierbar empfunden und Menschen fühlen sich daher abhängig von äusseren Faktoren. Das Gefühl der Hilflosigkeit kann sowohl subjektiv als auch objektiv begründet sein und akut oder chronisch auftreten. Hilflosigkeit entsteht entweder durch einmalige, wiederholte oder langanhaltende belastende Erlebnisse. Dabei spielt unser Denken ebenfalls eine entscheidende Rolle (ebd.).

Erlernte Hilflosigkeit

Der amerikanische Psychologe Martin Seligman stiess durch Zufall währen seiner Arbeit an einem anderen Experiment auf den Effekt der erlernten Hilflosigkeit (1999). Eine durch negative Erfahrungen entwickelte Überzeugung, die Kontrolle der eigenen Lebenssituation verloren zu haben und für diesen Zustand alleine verantwortlich zu sein kann als erlernte Hilflosigkeit definiert werden (ebd.).

Beispiel am Menschen (angelehnt an Seligman)

Eine Person studiert in der Sozialen Arbeit und hält sich selbst für unfähig im Fach Gesellschaftlicher Wandel. Misserfolge beispielsweise bei Prüfungen werden sehr stark auf die eigene Person und die mangelnden Fähigkeiten bezogen. Erfolge hingegen schreibt man reinem Glück zu. In der Folge kann dieses Denkmuster dazu führen, dass die Person im Unterricht nicht mehr aufpasst und das Fach sogar meidet. Aus diesem Kreislauf von Vermeidung kann tatsächlicher Misserfolg entstehen. Dieser Kreislauf kann dazu führen, dass die geforderten Leistungen im Fach Gesellschaftlicher Wandel tatsächlich nicht erbracht werden können

Erlernte Hilflosigkeit – Symptome

Motivationale Defizite

Die Motivation fehlt oder ist vermindert, um eine Situation überhaupt beeinflussen zu wollen. Es entsteht eine gewisse Antriebslosgikeit

Kognitive Defizite

Die Verarbeitung von Inhalten dauert länger und Erfolge setzen erst später ein oder bleiben aus.

Emotionale Defizite

Stress, Passivität, Lustlosigkeit, Angst, Ohnmacht, Apathie treten auf und es läuft die Gefahr auf, dass bei anhaltender Überzeugung eine Situation nicht beeinflussen zu können, in eine Depression zu geraten (Seligman, 1999).

Rat und Hilfe

Im unten stehenden Video wird einerseits erklärt, was erlernte Hilflosigkeit ist und andererseits die Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit erläutert. Mit Prof. Erb ist ein Sozialpsychologe im Gespräch mit einer ehemaligen Studentin und bringt unserer Meinung nach den Inhalt in gut verständlicher Sprache auf den Punkt. Weiter gibt es auch Tipps, was man gegen die erlernte Hilflosigkeit machen kann.

9 Gedanken, die helfen die gegen Hilflosigkeit helfen können

Folgendes Zitat passt unsere Meinung nach zu den 9 Gedanken, welche gegen die Hilflosigkeit helfen sollen:

Wenn man alles, was einem begegnet, als Möglichkeit zu innerem Wachstum ansieht, gewinnt man innere Stärke.

Jetsün Milarepa

Kleine Aufwärtsbewegung, grosse Wirkung

Body 2 Brain – Übungen für mehr Zuversicht

Lachen ist gesund und jede Aufwärtsbewegung macht zuversichtlicher, wie Studien zeigen. Unser Körper, als Verlängerung des Gehirns, enthält überall Nervenfasern, die Informationen direkt ans Gehirn weiterleiten. Das Embodiment beschreibt diese Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche. Daher können wir unsere Emotionen auch über den Körper regulieren (Croos-Müller, 2022, S.66-69). Eine einfache Übung wie das 60-Sekunden-Lächeln, kann viel für das Wohlbefinden bewirken. Diese Übung kann problemlos in den Alltag integriert werden. Um neugierige Blicke zu vermeiden, lässt sie sich zum Beispiel während einer Toilettenpause durchführen. Weitere Informationen findest du im folgenden Video:

Auch die folgenden kleinen Körperübungen können zu mehr Zuversicht beitragen. Sie helfen dabei, in spannungsgeladenen Situationen gelassen zu bleiben und den Optimismus nicht zu verlieren. Dies kann wirksam gegen Hilflosigkeit sein (Croos-Müller, 2022, S. 227).

  • Kopf hoch!: Die eigene Körperhaltung wirkt sich schlagartig auf unser Wohlbefinden aus. Für mehr Zuversicht, probier es aus (ebd.).
  • Hurra!: Die Siegesgeste wird in Momenten der Freude und Begeisterung praktiziert. Diese einfache Übung kann genutzt werden, um pessimistische Gedanken und Hoffnungslosigkeit zu überwinden. Also, hoch die Hände!
  • Pfeif drauf! Beim Pfeifen werden Hirnnerven im Hirnstamm aktiviert, was dazu führt, dass sich andere Gehirnregionen weniger mit Kummer, Grübeln oder Ärger beschäftigen. Pfeifen kann eine gewisse Unbeschwertheit in schwierigen oder belastenden Situationen fördern.

Selbstwirksamkeit steigern – Hilflosigkeit verringern

In herausfordernden Situationen, in welchen man sich hilflos fühlt, hat man wenig oder keine Kontrolle. Die Person ist also nicht wirksam. Naheliegend wäre doch nun am Gegenpol anzusetzen. Selbstwirksamkeit beschreibt die Erfahrung, durch eigene Handlungen eine Wirkung im äusseren erzielen zu können – also etwas beeinflussen oder gar kontrollieren zu können (Plohr, 2023, S. 45). Das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung stammt von Psychologen Albert Bandura. Dieser hatte bereits 1977 den Grundstein dafür gelegt. Nach ihm wirkt sich die Erfahrung eine bestimmte Wirkung erzielen zu können auf eine Grundhaltung der Selbstwirksamkeitserwartung aus. Je mehr Erfahrungen der Wirksamkeit eine Person also sammelt, desto höher ist die Erwartung dieser Person, diese Wirksamkeit in verschiedenen Situationen wiederholen zu können (Plohr, 2023, S. 45). Anbei folgen zwei Übungen zur Stärkung der Selbstwirksamkeit.

Übung 1: Der Selbstwirksamkeits – CVBestimmt hast du schon Mal einen CV, einen Curriculum Vitae, also einen Lebenslauf geschrieben. Darin sind Bildungsabschlüsse und berufliche Erfahrungen enthalten, welche jedoch nicht immer als die grössten Selbstwirksamkeitserfahrungen gelten, die wir im bisherigen Leben gemacht haben. Bildungsabschlüsse sind oft mit Erleichterung verbunden, diesen Abschnitt bewältigt zu haben (Plohr, 2023, S. 50). Anstatt nun einen Lebenslauf zu verfassen mit den offiziellen, berufsorientierten Stationen, sollte der Fokus auf Ereignissen liegen, bei welchen man von Selbstwirksamkeit förmlich durchströmt wurde. Das kann beispielsweise eine Reise nach Australien, in eine WG einziehen oder das Führen von glücklichen Beziehungen sein. Auch das erlernen von Kochen, die erste Welle surfen oder Zimmerpflanzen am leben zu erhalten können solche Dinge sein. Plohr (2023) berichtet von einem Theaterstück in der Oberstufe, bei welchem sie sich unglaublich selbstwirksam empfand (S. 50). Es geht also darum einen eigenen Lebenslauf mit Ereignissen zu füllen, welche sich richtig gut anfühlten, wo ein Energieaustausch stattfand und Lebendigkeit und Resonanz war. Folgende Fragen zur Orientierung können helfen:

– Gab es Zeiten, in denen es nur so von Selbstwirksamkeit sprudelte? In denen du dich vermehrt wirksam fühltest?
– Was war in diesen Zeiten gut? Was war für dich stimmig?
– Welche Personen waren in deinem Umfeld?
– Gab es andere Menschen, die an diesen Erfahrungen beteiligt waren?
– In welchen Momenten fühlst du dich gerade jetzt selbstwirksam? Mit welchen Personen teilst du diese Momente? (ebd., S. 51).

Der Lebenslauf muss keinen geregelten Ablauf haben und auch nicht chronologisch daherkommen. Da du dich mit diesem Lebenslauf nirgends bewerben musst, kannst du völlig frei deinen Gedanken und Erinnerungen folgen (ebd., S. 51). Falls es dir schwer fällt Momente der Selbstwirksamkeit zu finden, frage bei Freund*innen und Angehörigen nach. Oft sind Menschen blind für unsere eigene Wirksamkeit, dafür aber umso geschickter im Blick auf die anderen im Umfeld (ebd., S. 51).
Übung 2: Abendroutine Selbstwirksamkeits – CheckEine Art Tagebuch kann hilfreich sein, deine Selbstwirksamkeit täglich zu erfassen, indem du dir immer am Abend Zeit nimmst eine Antwort auf die folgende Frage zu finden: In welchen Situationen habe ich mich heute selbstwirksam gefühlt? Anfangs kann es einem etwas schwer fallen, einen solchen Moment zu erfassen. Nach kurzer Zeit jedoch ändert sich dies erfahrungsgemäss (Plohr, 2023, S. 51). Wie bei vielen anderen Themen kann sich unser Blick und unsere Haltung ändern. Durch mehrmaliges führen des Tagebuchs, ändert sich unser Blick auf jene Momente, in welchen wir uns als selbstwirksam und nicht als hilflos empfanden (ebd.).
Tabelle „Übung Selbstwirksamkeits CV & Abendroutine Selbstwirksamkeits – Check aus dem Buch von Plohr (2023, S. 50-51)
Mehrwert der Übungen 1 & 2

Beide Übungen verhelfen einem sich auf jene Momente zu fokussieren, bei welchen man sich als selbstwirksam empfand. Man kann auch die selbstwirksamen Momente bei der Arbeit in der Begleitung und Betreuung von Menschen mit einer Beeinträchtigung herausheben und diese notieren. Schnell sollte einem klar werden, dass man in vielen Bereichen wirksam ist und die hilflosen Momente eher in Unterzahl sind. Als erster Schritt jedoch kann es unserer Meinung nach helfen, sich die Kleinigkeiten und gemeinsamen Momente mit den Klient*innen, in welchen man sich selbst als wirksam empfand, zu notieren. Auf dieser Erkenntnis kann aufgebaut werden und die Selbstwirksamkeit wird sich immer mehr stärken, da man sich durch das wiederholte Notieren auf die gelungenen wirksamen Momente fokussiert und nicht auf die hilflosen mit fehlender Kontrolle. Die Übungen können mit allgemeinen Routinen verbunden werden. Um die Wirkung zu stärken, kann beispielsweise nach jedem Halbtag eine Notiz mit selbstwirksamen Momenten gemacht werden.

Podcast zur emotionalen Stabilisierung bei Hilflosigkeit

Franca Cerulli, Psychotherapeutin und Coach, begleitet dich durch diese Podcastfolge. Sie ist spezialisiert auf Stressbewältigung, emotionale Stabilität und persönliche Entwicklung im Bereich der psychischen Gesundheit. In dieser Episode leitet Franca eine Diskussion über die Herausforderungen von Schock, Angst, Trauer und emotionaler Überforderung. Lass dich inspirieren und entdecke praktische Tipps, um stark und ausgeglichen durch turbulente Zeiten zu navigieren.


Bezugsliteratur

Croos-Müller, C. (2022). Kraft: Der neue Weg zu innerer Stärke, ein Resilienztraining (5. überarb. Aufl.). Kösel.

Merkle, R. & Warnke, I. (2023, Dezember). Hilflosigkeit – Das Lebenshilfe – ABC. https://www.palverlag.de/lebenshilfe-abc/hilflosigkeit.html

Plohr, N. (2023). Warum Achtsamkeit?. Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42140-3_7

Seligman, M. (1999). Erlernte Hilflosigkeit (3. Aufl.). Weinheim: Beltz.